Josef Köhler und Frederik Flötotto

FLÖTOTTO - Josef Köhler und Frederik Flötotto

Unsere Labor Schule 

Ein Interview zwischen Josef Köhler (Urheber des PRRITTI-Bildungsmodells) und Frederik Flötotto (CEO Flötotto).

Ort: Energiebündel Schule – die erste eigene Schule des Unternehmens
Teilnehmer: Frederik Flötotto, CEO von Flötotto
Josef Köhler, Künstler, Manager, Schulgründer und Urheber des PRRITTI-Bildungsmodells

Anlässlich der Eröffnung der ersten eigenen Schule des Unternehmens Flötotto sprechen wir mit Frederik Flötotto und Josef Köhler darüber, warum ein Möbelhersteller eine Schule gründet, wie Räume Lernprozesse unterstützen und welche Rolle das PRRITTI-Bildungsmodell spielt. Besonders im Fokus stehen die drei tragenden Qualitätsdimensionen dieses Modells – Beziehungsqualität, Vermittlungsqualität und Beteiligungsqualität – und die Frage, wie sie die Haltung aller Beteiligten verändern, wenn Kinder und Erwachsene gemeinsam lernen und gestalten.

FLÖTOTTO - Josef Köhler und Frederik Flötotto

Warum gründet ein Möbelhersteller eine Schule?

Frederik Flötotto: Diese Frage hören wir sehr oft – und sie ist völlig berechtigt. Ein Möbelhersteller, der eine Schule gründet, wirkt ungewöhnlich. Doch wenn man unsere Geschichte kennt, wird es logisch. Seit Jahrzehnten gestalten wir Möbel und Raumkonzepte für Lernorte: Schulen, Hochschulen, Bibliotheken. Wir haben unzählige Gespräche mit Pädagoginnen, Schulleitungen und Architekturbüros geführt, und wir haben gelernt: Räume können nur so gut wirken, wie das Lernen, das in ihnen stattfindet. Wir haben Möbel entwickelt, die Kollaboration, Kreativität und flexible Lernprozesse ermöglichen – und doch erleben wir häufig, dass sie nicht genutzt werden, weil die Lernkulturen sich kaum bewegen. Wir wollten zeigen, wie Raum, Haltung und Pädagogik zusammen eine neue Qualität des Lernens ermöglichen. Und um das richtig auszuprobieren, brauchten wir unsere eigene Schule – ein echtes Lernlabor.

Ein Lernlabor für zeitgemäßes Lernen?

Frederik Flötotto: Genau das. Ein Ort, an dem wir ausprobieren, wie Räume Lernprozesse inspirieren, wie man Kindern Verantwortung geben kann und wie gemeinsames Lernen zwischen Kindern und Erwachsenen funktioniert. Eine gute Lernumgebung ist keine Zusatzoption – sie ist der Ausgangspunkt. Wenn man sie mit einer passenden Haltung und einem passenden pädagogischen Konzept verbindet, verändert sie alles.

FLÖTOTTO - Josef Köhler und Frederik Flötotto

Herr Köhler, warum passt das PRRITTI-Modell so gut zu dieser Idee einer Flötotto-Schule?

 

Josef Köhler: Das PRRITTI-Modell wurde entwickelt, um Lernen umfassend, beweglich und menschlich zu denken. Die sieben Prozessdimensionen – Praxis, Resonanz, Reflexion, Information, Transformation, Transfer und Innovation – bilden einen Rahmen für lebendiges Lernen. Und auf der Grundlage dieses Modells spielen die drei tragenden Qualitätsdimensionen eine besonders wichtige Rolle: die Qualität der Beziehung, die Qualität der Vermittlung und die Qualität der Beteiligung. Diese drei Bereiche sind entscheidend für gelingende Lernprozesse. Beziehungsqualität bestimmt, wie Menschen sich begegnen; Vermittlungsqualität definiert, wie wir Wissen, Fragen und Erfahrungen miteinander teilen; und Beteiligungsqualität legt fest, wie sehr Kinder und Erwachsene Verantwortung übernehmen und Mitgestalter werden. Wenn diese drei Dimensionen ernst genommen werden, entsteht eine Haltung, die man durchaus als Kunst bezeichnen kann – die Kunst der gemeinsamen Gestaltung von Lernen. Deshalb passt das Modell so gut zur neuen Schule: Die Räume von Flötotto sind offen, beweglich und dialogorientiert. Das korrespondiert perfekt mit einem Lernverständnis, bei dem Kinder und Erwachsene gemeinsam Lernprozesse gestalten und voneinander lernen.

 

Hat Sie überrascht, dass ein Unternehmen wie Flötotto so tief in pädagogische Fragen einsteigt?

Josef Köhler:

Nicht wirklich. Flötotto hat nie nur Möbel hergestellt, sondern immer Räume für Lernen gestaltet. Wer Lernräume gestaltet, berührt zwangsläufig pädagogische Fragen – Beziehung, Haltung, Selbstwirksamkeit, Kommunikation. Es ist daher konsequent, dass das Unternehmen irgendwann zeigen wollte, wie gute Räume, gute Prozesse und eine gute Haltung zusammenwirken. 

Für mich war es inspirierend zu sehen, wie ernst Flötotto diese Fragen nimmt. Es geht nicht um ein pädagogisches Feigenblatt, sondern um einen echten, gemeinsamen Gestaltungsprozess.

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Herr Flötotto, Sie sind inzwischen selbst Lernbegleiter. Wie kam es dazu?

Frederik Flötotto:

Das war tatsächlich nicht geplant. Aber je intensiver wir mit dem PRRITTI-Modell gearbeitet haben, desto klarer wurde: Wenn wir eine Schule aufbauen, die auf Beziehung, Vermittlungskunst und Beteiligung basiert, dann können wir uns nicht an den Rand stellen. Dann müssen wir selbst Teil dieser Lernkultur sein. Also habe ich begonnen, wöchentliche Lernangebote zu gestalten – zu Themen, die ich wirklich kann und liebe: Produktentwicklung, Unternehmertum, Materialkunde, Kreativprozesse. Kinder spüren sofort, ob man authentisch ist. Und sie gehen unglaublich offen und kritisch mit einem in den Dialog. Das ist ein Geschenk. Das entspricht genau dem Gedanken des PRRITTI-Modells: Kinder und Erwachsene sind gemeinsam Lernende eines gemeinsamen Prozesses – und oft auch Lehrende füreinander.

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Herr Köhler, wie bewerten Sie diesen Schritt eines CEOs?

 

Josef Köhler: Ich halte ihn für zentral. Er verbindet alle drei Qualitätsdimensionen des PRRITTI-Modells.

Erstens: Beziehungsqualität. Wenn ein CEO sich auf Augenhöhe mit Kindern an einen Projekttisch setzt, verändert das die Beziehung grundlegend. Es entsteht Echtheit, Vertrauen und Resonanz. Zweitens: Vermittlungsqualität. Gute Vermittlung ist keine Einbahnstraße. Sie lebt von Erfahrung, Offenheit, Neugier und Dialog. Wenn jemand sein echtes Wissen teilt – nicht als Vortrag, sondern als Prozess – ist das Vermittlungskunst. Drittens: Beteiligungsqualität. Kinder werden in höchstem Maße beteiligt, sie denken mit, gestalten mit, lehren mit. Sie sind nicht Konsumenten, sondern aktive Akteure. Dadurch verändern sich Lernprozesse radikal. Wenn ein CEO das lebt, zeigt es, dass Beteiligung nicht delegiert werden kann. Sie entsteht, weil Erwachsene bereit sind, sich selbst in den Lernprozess zu begeben. Das ist ein starkes Signal.

Wie reagieren die Kinder auf Ihr Angebot, Herr Flötotto?

 

Frederik Flötotto: Sie reagieren mit Neugier, Offenheit und hoher Beteiligung. Sie bringen Ideen ein, sie kritisieren, sie hinterfragen – und sie übernehmen Verantwortung. Manchmal lehren sie mich mehr, als ich ihnen lehre. Das ist der Kern: Kinder und Erwachsene sind gleichzeitig Lernende und Lehrende. Diese Erfahrung verändert die Haltung. Es entsteht eine Lernkultur, die von Respekt, Neugier und gemeinsamem Denken getragen wird. Und genau das wollten wir.

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Ich wünsche mir, dass diese Schule exemplarisch zeigt, wie viel Kraft entsteht, wenn man die drei tragenden Qualitätsdimensionen ernst nimmt: Beziehung, Vermittlung und Beteiligung. Dann erleben Kinder: Ich bin wertvoll. Ich werde gehört. Ich gestalte mit. Und Erwachsene erleben: Ich verändere mich mit euch. Ich lerne mit euch. Das ist das Fundament einer zukunftsfähigen Lernkultur.

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Josef Köhler, Künstler, Manager, Schulgründer und Urheber des PRRITTI-Bildungsmodells

Ich wünsche mir Wirkung – nicht nur im Kleinen, sondern im Großen. Wenn wir zeigen können, dass Räume, Haltung und Pädagogik gemeinsam eine neue Lernqualität hervorbringen, kann das andere Schulen inspirieren. Wir möchten nicht einfach eine gute Schule bauen. Wir möchten zeigen, wie gute Schule entstehen kann – durch Beziehung, Vermittlungskunst und echte Beteiligung.

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Frederik Flötotto, CEO von Flötotto Einrichtungssysteme GmbH